Mathematik: Zahlenspalterei

Bei der Zerlegung natürlicher Zahlen entdeckten Rechenkünstler verblüffende Gesetzmäßigkeiten.

Einfache Fragen führen manchmal zu erstaunlichen Ergebnissen - zumal in der Mathematik.

Im Jahre 1919 stellte sich der Inder Srinivasa Ramanujan folgende Frage: Wie viele Möglichkeiten mag es geben, eine natürliche Zahl, etwa die 6, als Summe von natürlichen Zahlen zu schreiben?

Die Lösung für die 6 ist simpel. Von der Zerlegung in lauter Einsen 1+1+1+1+1 +1=6 über 2+2+2=6 bis zur 6 allein gibt es genau 11 verschiedene Möglichkeiten. Sehr schnell kam Ramanujan, zahlenbesessen wie viele seiner Landsleute, allerdings zu einer Vielzahl von Varianten, als er eine Liste der Zerlegungen der ersten 200 Zahlen berechnete. Die 200 lässt sich, so fand er ohne Computerhilfe heraus, in genau 3972999029388 Additions-Varianten aufspalten.

Intuitiv erkannte der geniale Mathematiker, den viele als den Gauß von Indien bezeichnen, bestimmte Gesetzmäßigkeiten in seiner Liste (siehe Grafik).

Beginnt man bei der Zahl 5 und springt immer um 7 Stellen - die Anzahl der möglichen Summen - weiter nach oben auf der Zahlenleiter, so landet man stets bei Zahlen, deren Zerlegungsanzahlen Vielfache der Sprungzahl 7 sind. Die 12 zum Beispiel hat 77 Zerlegungen, die 19 lässt sich auf 490 verschiedene Arten aufspalten und die 26 bereits auf 2436 Arten.

Beginnt man bei der 4 und springt um 5, so erhält man immer Vielfache der Sprungzahl 5 als Zerlegungszahlen. Beginnt man bei der 6 und springt um 11, so erhält man Vielfache von 11.

Ramanujan entdeckte weitere derartige Beziehungen, auch Kongruenzen genannt, als er die Potenzen der Primzahlen 5, 7 und 11 sowie deren Produkte als Sprungzahlen untersuchte.

Kongruenzen mit anderen Primzahlen - außer der 5, der 7 und der 11 - hat Ramanujan nicht mehr gefunden. Vermutlich war er schon zu krank. Ein Jahr nach dieser Arbeit starb er 32-jährig in seiner Heimat Tamil Nadu an Schwindsucht.

Danach gab es über sieben Jahrzehnte kaum Fortschritte in der Theorie der Ramanujan-Kongruenzen. Bis der amerikanische Zahlentheoretiker Ken Ono von der University of Wisconsin in Madison jüngst zeigen konnte, dass es für alle Primzahlen größer als 3 Kongruenzen gibt.

Ob dies allerdings für die beiden kleinsten Primzahlen, die 2 und die 3 und deren Vielfache, auch gilt, konnte Ono nicht nachweisen. Die Zahlenspalterei kann also weitergehen.