Mit Antiproton-Verzögerer den Urknall rekonstruieren

Das Europäische Laboratorium für Teilchenphysik (CERN) hat eine neue Anlage in Betrieb genommen, die Teilchen verlangsamt. Sie soll damit neue Erkenntnisse über die Eigenschaften von Antimaterie liefern.

Genf - Zu jedem bekannten Elementarteilchen, davon gehen Physiker aus, gibt es ein "Anti-Teilchen". Beim Urknall entstanden nach dieser Theorie Materie und Antimaterie zu gleichen Teilen. Sie hätten sich eigentlich gegenseitig vernichten müssen. Die mysteriöse Frage, warum genügend Materie für das gesamte Universum übrig blieb, will CERN nun mit Hilfe des neuen Antiproton-Verzögerers (Antiproton Decelerator/AD) lösen.

Ein 27 Kilometer langer und 100 Meter tiefer Ring-Tunnel, in dem Teilchen zur Kollision gebracht werden, wurde für die Hochenergie-Experimente gebaut. Das Gegenteil zu dieser Riesenmaschine bildet der Verzögerer. Dieser ist 188 Meter lang und beschleunigt die Teilchen nicht, sondern bremst sie ab. Die Antiprotonen werden in die Geräte von drei Experimenten abgegeben, sobald sie nur noch ein Zehntel der Lichtgeschwindigkeit haben. Eine außergewöhnlich ausgereifte Technik kann an diesem Punkt angreifen. Entweder werden die Anti-Protonen in elektromagnetischen Feldern gefangen, oder in gewöhnliche Atome eingebaut. Die Geschwindigkeit der ansonsten widerspenstigen Anti-Protonen verringert sich in der "Gefangenschaft" bis auf einen für die Forschung geeigneten virtuellen Stillstand. Zwei Experimente, ATHENA und ATRAP beschäftigen sich damit, Anti-Protonen mit Anti-Elektronen zu binden, um Anti-Atome zu bilden. Bereits 1995 hatten CERN-Physiker es geschafft, Anti-Wasserstoffatome zu erzeugen. Mit dem Antiproton-Verzögerer gehen sie jetzt in die Massenproduktion. Das dritte Experiment ASACUSA forscht mit Helium-Atomen. Das Ziel der drei Experimente ist es herauszufinden warum die Natur Materie der Antimaterie vorzieht.

Das CERN ist eines der größten Teilchenphysik-Laboratorien der Welt. Am CERN forschen fast 7000 Wissenschaftler aus über 80 Ländern nach dem Ursprung des Universums. An den Antimaterie-Experimenten sind knapp 100 Wissenschaftler aus 13 Ländern beteiligt.