Unter Lichtdruck Jagd auf Elektronen

Mit ultrakurzen, extrem intensiven Laserpulsen wollen Physiker Materie erforschen

Durch geschickte Kombination unterschiedlicher optisch aktiver Elemente - wie Polarisierer, Lichtleiter, optischer Gitter und Glasplatten, die einen Laserpuls erst strecken, dann verstärken und wieder stauchen - können Physiker heute Laserpulse erzeugen, die kürzer sind als der zehnmillionste Teil einer Millionstel Sekunde und eine Leistungsdichte von einer Milliarde mal einer Milliarde Watt je Quadratzentimeter erreichen. Und das gelingt bereits in Versuchsanordnungen, die auf lediglich ein oder zwei Labortischen Platz finden.

Unter derart intensiven energetischen Bedingungen spielt der Lichtdruck plötzlich die führende Rolle bei der Wechselwirkung zwischen den Lichtquanten ("Photonen") und der vom Laserpuls durcheilten Materie. Durchquert der Laserstrahl zum Beispiel ein Gas, so werden die Elektronen freigesetzt und durch den Lichtdruck förmlich aus der Strahlmitte herausgepreßt. Schließlich bildet sich ein stabiler, sehr enger "Lichtkanal", in dem die Intensität noch einmal um das Hundertfache gegenüber der des ursprünglichen Laserstrahls wächst.

In Experimenten können die Physiker die Selbstfokussierung zwar beobachten, die Einzelheiten des Vorgangs sind jedoch schwer zu messen. Jürgen Meyer-ter-Vehn und Alexander Pukhov vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching setzen daher auf Computersimulationen, um zu verstehen, wie Materie und Laserstrahl aufeinander einwirken. Bei diesen Rechnungen, aber auch in Experimenten zeigt sich, daß durch die Verdrängung der Elektronen hinter dem Laserstrahl kurzzeitig ein Bereich entsteht, in dem die positiven Ionen und die negativ geladenen Elektronen voneinander getrennt sind.

Dadurch bildet sich ein extrem starkes elektrisches Feld aus, das sogenannte "Bugwellenfeld", in dem die Elektronen wie in einem Teilchenbeschleuniger auf Touren gebracht werden.

Die Physiker hoffen, daß sich die Laser-"Bugwellenfelder" als Alternative eignen zu den sehr kostspieligen herkömmlichen Beschleunigeranlagen, mit denen sie bislang Atomkerne und Elementarteilchen untersuchen. Die neue Technik könnte aber auch dazu dienen, Materie im Inneren von Sternen zu erforschen. Denn durch den hohen Lichtdruck können kurzzeitig derart hohe Materiedichten und Temperaturen im Labor entstehen, wie sie etwa im Zentrum unserer Sonne herrschen, und diese daher einer bislang unmöglichen Untersuchung zugänglich machen.

Auch das "atomare Feuer" der Sonne, das durch die Fusion von Wasserstoffkernen gespeist wird, kann mit Hochintensitätslasern auf der Erde "nachgemacht" werden: Die Laserpulse vermögen die Materie so stark zu verdichten, daß die Atomkerne verschmelzen. Solche Kernfusionen auf der Erde zu beherrschen und zur Energieerzeugung zu nutzen, hat sich bisher als schwierig erwiesen. Die neuen Laser versprechen Abhilfe, weil sie gut steuerbare Zündfunken zum Auslösen von Kernverschmelzungen liefern.