Stern verschluckt seinen Planeten

Das planetare Leben in anderen Sonnensystemen ist offensichtlich alles andere als harmonisch. Mitunter müssen sogar ausgewachsene Himmelskörper daran glauben.

Zum ersten Mal haben Astronomen einen direkten Beweis dafür gefunden, dass sonnenähnliche Sterne ihre planetaren Begleiter problemlos vernichten können. Die Entdeckung könnte helfen, die mysteriösen Eigenschaften der so genannten Exoplaneten, die zuletzt in immer größerer Zahl entdeckt wurden, besser zu verstehen.

Doch wie bei jedem Verbrechen ohne Leiche gestaltete sich auch die Spurensuche im All extrem schwierig. Und so musste Garik Israelian vom astrophysikalischen Institut der Kanarischen Inseln einige Umwege in Kauf nehmen, um den Stern HD82943 des Kannibalismus zu überführen.

Dass der rund 90 Lichtjahre von der Erde entfernte Stern über mindestens zwei Planeten verfügt, war bereits seit längerem bekannt. Dass HD82943 in seinem Aufbau unserer Sonne recht ähnlich ist, überrascht die Astronomen ebenfalls nicht. Doch ein ebenso seltenes wie unerwartetes Isotop in seinem Spektrum macht den Stern nun hochgradig verdächtig.

Der verschluckte Planet hat, davon sind Israelian und sein Team überzeugt, eindeutige Markenzeichen hinterlassen: Im Licht des Sternes konnten die Astronomen Spuren von Lithium-6 entdecken - ein Isotop, das in metallreichen, sonnenähnlichen Sternen eigentlich nicht vorkommen darf. Denn anders als Lithium-7, die deutlich häufigere Form des Alkalimetalls, müsste das leichtere Isotop in den jungen Jahren eines Sternes vollkommen verbrannt werden.

Woher kommt also das Lithium-6? Da HD82943 von Planeten umkreist wird und auf Planeten genau dieses Isotop anzutreffen ist, liegt für das spanisch-schweizerische Team die Antwort nahe. "Die einfachste und überzeugendste Erklärung ist, dass einer oder mehrere Planeten - zumindest aber planetarisches Material - auf den Stern getroffen sind", sagt Nuno Santos. Zusammen mit Israelian hat Santos, der am Observatorium der Genfer Universität nach Exoplaneten sucht, seine Erkenntnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" veröffentlicht.

Israelian geht sogar noch einen Schritt weiter: Aus den errechneten Daten lasse sich, so der Forscher, ungefähr abschätzen, wieviel Lithium-6 vom kosmischen Kannibalen verspeist wurde. Demnach ist dem Stern wahrscheinlich ein Gasplanet von der doppelten Masse des Jupiters zum Opfer gefallen. Alternativ könnte sich HD82943 an einem erdähnlichen Begleiter mit rund der dreifachen Masse des Blauen Planeten delektiert haben.

So ganz für sich gewinnen können die beiden Astro-Detektive ihre Kollegen allerdings nicht. "Die Beweise sind nicht hundertprozentig überzeugend", so Guillermo Gonzalez gegenüber "Nature Science Update". Der Exoplaneten-Forscher von der University of Washington in Seattle will sich jetzt selbst auf die Suche nach Lithium-6 machen. Auch Israelian und Santos sehen noch Handlungsbedarf und planen, noch andere System ins Visier nehmen.

Die Auswahl ist groß. Mittlerweile sind rund 60 extrasolare Planetensysteme bekannt - teils mit nur einem entdeckten Planeten, teils aber auch mit mehreren Begleitern. Verglichen mit unserem Sonnensystem sind die entfernten Planetenkonstellationen aber alles andere als gewöhnlich. In der Regel kreisen Planeten von der Größe des Jupiter auf Bahnen, die dem engen Orbit des Merkurs entsprechen. Eine hochgradig instabile Zusammensetzung. Astronomen vermuten daher seit langem, dass die sich Planeten langsam auf einer Spiralbahn in Richtung ihres Sterns bewegen - geradewegs ins Verderben.