Sonnenfleck steht kurz vor der Eruption

(ein noch immer aktueller Artikel)

Astronomen in aller Welt beobachten derzeit den größten Sonnenfleck der letzten zehn Jahre. In wenigen Tagen könnte es zu einer gewaltigen Eruption auf der Oberfläche der Sonne kommen.

AR 9393: Groß und energiegeladen

Die Gruppe Sonnenflecken "AR 9393" war vor einem Monat erstmals entdeckt worden - und nicht besonders aufgefallen. Nachdem sie durch die Sonnendrehung mehrere Wochen aus dem Blickfeld der Astronomen verschwunden war, tauchte sie vor einigen Tagen wieder auf: in unerwarteter Größe, 600.000 Kilometer im Durchmesser, aufgepumpt mit Energien.

Ein wahres Monster

Nach Ansicht von Joe Elrod vom amerikanischen Sonnenobservatorium in Sacramento/New Mexico handelt es sich bei dem Sonnenfleck um ein wahres "Monster''. ''Es ist der erste wirklich große im Laufe dieser Sonnenfleckenperiode", meinte er gegenüber der BBC.

Wäre es nicht ausgesprochen ungesund, könnte man Noaa 9393 sogar ohne technische Hilfsmittel mit freiem Auge von der Erde aus beobachten.

Sonnenfleckenperiode

Die Sonnenfleckenperiode ist ein Zeitraum von elf Jahren, in dem die Fleckentätigkeit der Sonne schwankt. Im Sonnenfleckenminimum ist die Sonne fast fleckenlos; die Maxima sind von stark wechselnder Intensität. Der Sonnenzyklus spiegelt sich auf der Erde in der elfjährigen Periode der Nordlichter, der Schwankungen des Erdmagnetismus und der Dicke der Jahresringe bei Bäumen wider. 2001 ist wieder ein Jahr mit besonders hoher Intensität von Sonnenflecken.

Ausbruch in den nächsten Tagen

AR 9393 wird in wenigen Tagen ausbrechen - und dann einen so genannten Flare, einen hellen Lichtausbruch produzieren.

Dieser würde innerhalb von Sekunden mehr Energie freisetzen, als die Menschheit in ihrer Geschichte bisher verbraucht hat.

Schon am Donnerstag konnten zwei kleinere Flares beobachtet werden. Die Astronomen gehen davon aus, dass es sich dabei um Vorboten gehandelt hat und dass in den nächsten Tagen weitere, stärkere folgen werden.

Sonnenflecken - dunkle Flecken auf der Sonnenoberfläche - wurden 1610 von Galilei entdeckt und sind somit die älteste bekannte Erscheinung auf der Sonne. Die Mitte der Flecken (Umbra) weist eine deutlich dunklere Farbe auf als ihre Umgebung. Sie wird von eine weniger dunklen Fläche (Penumbra) umgeben. Diese Penumbra ist von einer nochmals etwas helleren Zone (Facula) umgeben.

Sonne strahlt mehr Energie aus

In Zeiten erhöhter Aktivität weist die Sonne mehr Sonnenflecken auf. Obwohl die Oberflächentemperatur der Sonnenflecken niedriger ist als jene der übrigen Oberfläche der Sonne, ist die Corona - der äußerste leuchtende Teil der Sonnenatmosphäre - zu dieser Zeit aktiver.

Darum geht eine erhöhte Anzahl Sonnenflecken einher mit einer Sonne, die mehr Energie ausstrahlt. Alle elf Jahre wird ein Maximum an Sonnenflecken erreicht. Die Erde empfängt dann mehr an Strahlung als sonst.

Das Magnetfeld der Sonne kehrt sich um

Das Magnetfeld der Sonne ist dabei, sich umzukehren. Das sei ein sicheres Zeichen dafür, dass das solare Maximum erreicht sei, meinen Wissenschaftler von der Nasa.

Der magnetische Nordpol der Sonne befand sich vor wenigen Monaten noch in der nördlichen Hemisphäre. Jetzt zeigt er nach Süden. Das sei zwar eine quirlige Situation. Aber sie komme nicht unerwartet.

"Immer um die Zeit des solaren Maximums kommt das vor", meint der Solarphysiker David Hathaway vom Marshall Space Flight Center. "Am Höhepunkt des Sonnenfleckenzyklus tauschen die magnetischen Pole ihre Position." Tatsächlich sei das ein guter Indikator dafür, dass das solare Maximum da sei.

Solares Maximum

Die Temperaturen von 15 Millionen Grad auf der Sonne lassen Atome verschmelzen. Gewaltige Eruptionen schleudern Materie kilometerweit ins All. Superschnelle Strahlen- und Teilchenstürme breiten sich minutenschnell im ganzen Sonnensystem aus. Alle elf Jahre steigert sich das himmlische Höllenfeuerwerk zu einem Höhepunkt - dem solaren Maximum. In dieser mehrere Monate andauernden Zeit nehmen Eruptionen, Sonnenflecken und Sonnenstürme dramatisch zu.

Zunehmende Unruhe auf der Sonne

Magnetfeld der Erde kehrt sich auch um

Das Magnetfeld der Erde kehrt sich auch um. Doch mit weniger Regelmäßigkeit: In Abständen von etwa 5.000 bis zu 50 Mio Jahren. Zuletzt geschah das etwa vor 740.000 Jahren. Einige Wissenschaftler sind der Meinung, unser Planet sei für eine weitere Umkehrung fällig. Doch kann niemand mit Genauigkeit sagen, wann es denn soweit ist.

Obwohl das Magnetfeld der Erde sich anders verhält als das der Sonne, ist es der Form nach gleich. Während des solaren Minimums gleicht das Sonnenmagnetfeld wie auch das der Erde einem Stabmagneten. Über dem Äquator befinden sich eine Schlaufe, während in Polnähe offene Feldlinien sind: ein Dipol.

Naht das solare Maximum mit einer verstärkten Aktivität der Sonnenflecken, beginnt sich auch das Magnetfeld unseres Sterns zu verändern.

Sonnenflecken sind Orte, an denen starke magnetische Schlaufen durch die Photosphäre hindurchlugen. Diese Magnetfelder sind mehrhundertfach stärker als das dipolare Feld der Sonne.

"Meridionale Strömungen auf der Sonnenoberfläche tragen Magnetfelder von Sonnenflecken auf mittleren Breitengraden zu den Polen der Sonne" erklärt Hathaway. "Die Pole kehren sich schließlich um, da diese Strömungen einen nach Süden gerichteten Magnetfluss zum magnetischen Nordpol bringen und umgekehrt einen nach Norden weisenden Fluss zum magnetischen Südpol."

Das dipolare Feld wird ständig abgeschwächt, wenn der Magnetfluss mit gegensätzlichem Vorzeichen an den Polen der Sonne sich anhäuft. Schließlich, am Höhepunkt des solaren Maximums verändern die Magnetpole ihre Polarität und beginnen, sich in eine neue Richtung auszudehnen.

Die beste Position

Wissenschaftler haben den polaren Switch bisher noch nie aus der besten Position sehen können - von oben nach unten über dem Sonnenpol. Doch jetzt könnte das einzigartige Raumschiff Ulisses dem abhelfen.

Ulisses

Seit 1990 beobachtet Ulisses das Sonnensystem aus sehr hohen Sonnenbreitengraden. Alle sechs Jahre fliegt es über die Pole der Sonne. Keine andere Raumsonde reist derart weit über der orbitalen Ebene der Planeten.

Ulisses ist vor kurzem über den Sonnensüdpol geflogen. Jetzt fliegt er zurück und soll im Herbst den Nordpol queren. Als Ulisses zuletzt die Pole querte 1994 und 1996 - während des solaren Minimums -, konnte das Raumschiff einige wichtige Erkenntnisse über kosmische Strahlung, Solarwinde etc. mitbringen.

"Jetzt werden wir die Pole der Sonne während eines solaren Maximums zu sehen bekommen. Unsere Daten werden also einen ganzen Sonnenzyklus abdecken", freut sich Hathawayas Kollege Suess von der Nasa.