Schwarze Löcher drehen durch

Wer ihnen zu nahe kommt, wird extrem stark beschleunigt und unweigerlich verschlungen. Doch nicht nur ihre Opfer, auch die Schwarzen Löcher selbst sind offensichtlich in Bewegung.

Als ob Schwarze Löcher nicht schon mysteriös genug wären: Jetzt sollen sich die kosmischen Staubsauger, die Materie für immer verschwinden lassen können, auch noch um die eigene Achse drehen. Das zumindest glaubt Tod Strohmayer vom Goddard Space Flight Center der Nasa im US-Bundesstaat Maryland

Strohmayer hat ein Schwarzes Loch in der Nähe der Milchstraße unter die Lupe genommen. Genauer gesagt: die Effekte, die sich in der näheren Umgebung des Loches abspielen. Denn genau wie seine Kollegen zuvor hatte auch der US-Forscher mit einem großen Problem zu kämpfen: Auf Grund ihrer gewaltigen Anziehungskraft lassen Schwarze Löcher nicht einmal Lichtstrahlen entkommen. Folglich können sie nicht direkt beobachtet werden.

Das Team des Nasa-Forscher wandte sich daher dem Röntgenbereich zu. Mit Hilfe des "Rossi X-Ray Timing Explorers", eines 1995 gestarteten Nasa-Satelliten, untersuchten die Astronomen einen 10.000 Lichtjahre entfernten Microquasar - eine Unterart der Schwarzen Löcher, die an ihren Polen extrem schnelle Teilchen ins Weltall schießen.

Bei der Auswertung der "Rossi"-Daten stieß Strohmayer auf charakteristische Oszillationen: Ein kleiner Prozentsatz der Röntgenstrahlung des Mikroquasars blinkte rund 300-mal in der Sekunde auf - ein bekanntes Phänomen: Theoretische Astrophysiker gehen davon aus, dass sich gasförmige Materie auf der innersten stabilen Bahn um ein Schwarzes Loch bewegt. Für einen Beobachter auf der Erde hat es dabei den Anschein, die rotierende Gaswolke würde sich regelmäßig von ihm weg und auf ihn zu bewegen. Bei einer Frequenz von 300 Hertz müsste die Materie gerade am Rand des Schwarzen Lochs angekommen sein. Etwas näher, und sie würde für immer verschluckt.

Doch das Team um Strohmayer entdeckte auch eine Oszillation, die 450-mal in der Sekunde aufblinkt. Bei derartigen Geschwindigkeiten wäre die Materie - nach der gängigen Theorie - dem Loch bereits so nahe, dass keine Strahlung mehr entkommen dürfte. Für den Nasa-Astronomen gibt es nur eine einleuchtende Erklärung: Das Schwarze Loch rotiert.

Zwar stellen Strohmayers Beobachtungen die Theoretiker vor große Herausforderungen, sie scheinen aber im Einklang mit den grundlegenden Gesetzen der Physik zu stehen. Denn Schwarze Löcher entstehen, da sind sich die Astronomen weitgehend einig, aus rotierenden Sternen. Haben die kosmischen Lichtquellen am Ende ihres Lebens den gesamten Treibstoff verbraucht (und sind sie mindestens zehn Sonnenmassen schwer) werden sie von ihrer Größe förmlich erdrückt. Zunächst stoßen die gealterten Sterne in einer Supernova ihre äußere Hülle ab, dann kollabieren sie auf die Größe eines Punktes.

Auch wenn die ursprünglichen Sterne nur sehr langsam rotiert haben, müsste der Drehimpuls letztlich an das Schwarze Loch weitergegeben werden. Mehr noch: Wie bei einer Eiskunstläuferin, die während der Pirouette ihre Arme anzieht, sollte sich die Rotationsgeschwindigkeit bei einem schrumpfenden Stern noch erhöhen.

"Ein rotierendes Schwarzes Loch verändert die grundlegende Struktur seiner Umgebung", ist Strohmayer überzeugt. "Die Rotation erlaubt der Materie, sich deutlich dichter und damit schneller um das Schwarze Loch zu bewegen." Die Folge wären schnellere Oszillationen - genau so, wie sie von den US-Astronomen beobachtet wurden.