Hier wurde der schnellste Stern der Milchstraße geboren

Das Sternbild Carina: eine der aktivsten Sternentstehungs- Regionen unserer Galaxie

Wien- Wiener Astronomen erregten mit der Entdeckung des schnellsten Sterns der Milchstraße Aufsehen. Gemeinsam mit amerikanischen Kollegen fanden sie heraus, dass "HIP 60350", so der astronomische Name, mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von 1,5 Millionen Kilometer pro Stunde durch das All rast. Nun hat Hans Michael Maitzen vom Institut für Astronomie der Uni Wien gemeinsam mit estnischen und deutschen Kollegen den "Geburtsort" des schnellsten Sterns gefunden. Er befindet sich in einer der aktivsten Sternentstehungs-Regionen unserer Galaxie.

"HIP 60350" ist ein junger Stern mit etwa fünf Mal so großer Masse wie jene der Sonne. Mit seiner gewaltigen Geschwindigkeit bewegt er sich in Richtung unserer Nachbargalaxie Andromeda. Als bisherige Flugzeit haben die Astronomen rund 20 Millionen Jahre ermittelt. "Für uns stellte sich sofort nach der Entdeckung die Frage, aus welchem Gebiet der Milchstraße ein junger, massereicher Stern mit einer so außerordentlichen Geschwindigkeit kurz nach seiner Entstehung heraus geschleudert werden konnte", erklärte Maitzen. In Zusammenarbeit mit Peeter Tenjes und Jaan Einsasto (ein Mitentdecker der Dunklen Materien im Kosmos) von der Universität Tartu in Estland und Hans Zinnecker von der Universität Potsdam, Deutschland, konnten die Wiener Forscher diese Frage klären.

Carina

Auf Grund der Geschwindigkeitsdaten des Sterns sowie der Massenverteilung und ihrer Anziehungskraft im inneren galaktischen Bereich haben die Astronomen als Zielgebiet für die Entstehung von "HIP 60350" eine ellipsenförmige Umgebung im Sternbild Carina - das nur von der südlichen Erdhalbkugel zu sehen ist - in 20.000 Lichtjahren Entfernung errechnet. "Bemerkenswert dabei ist, dass sich dort eine der aktivsten Sternentstehungs-Regionen der Milchstraße befindet, der so genannte Carina-Spiralarm", erklärte Maitzen.

Herausragendes Beispiel eines solchen "Sternen-Uterus" ist dort der extrem junge Sternenhaufen NGC 3603, der jüngst vom Hubble-Space-Teleskop und einem in Chile stationierten Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) beobachtet wurde. Dieser Sternhaufen kann zwar wegen seines zu geringen Alters von drei bis vier Millionen Jahren nicht direkt der Geburtsort von "HIP 60350" sein. In unmittelbarer Umgebung befinde sich jedoch ein riesiger Dunkelwolkenkomplex, wo sowohl etwas ältere als auch jüngere und sogar embryonale Sterne ausgemacht werden konnten, so der Astronom.

Exrtreme Verdichtung

Bei einem solchen Dunkelwolkenkomplex verdichtet sich interstellare Materie durch Gravitationskräfte so stark, dass sie sich zu Sternen zusammenballt. Die Materie ist dort so dicht, dass kein Licht von dahinter liegenden Objekten durchgelassen wird.

Maitzen geht davon aus, dass als "Sternenkatapult", der "HIP 60350" auf so hohe Geschwindigkeit beschleunigt hat, ein sternenreicher, kompakter eben entstandener Sternhaufen gewirkt hat. Durch die hohen Gravitationskräfte eines solchen Sternenhaufens könnte der Stern dabei mit Hilfe des so genannten Swing-by-Effekts wie bei einer Schleuder Schwung geholt haben. Die Berechnungen habe übrigens auch gezeigt, dass "HIP 60350" dadurch schon so weit an unsere Nachbargalaxie Andromeda herangeführt wurde, dass diese durch ihre Schwerkraft das Kommando über diesen Stern übernehmen könnte.