Quanten-Sterne beben im Labor

Wenn eiskalte Materie - ob im Weltall oder im Reagenzglas - rotiert, treten die seltsamsten Effekte auf: Physiker haben gasförmiges Natrium derart erschüttert, dass sie sich vor Wirbeln nicht mehr retten konnte.

Wenn es Wissenschaftler schaffen, "Quanteneffekte" und "Schweizer Käse", "Sternenbeben" und "Whirlpools" in einem Satz unterzubringen, kann die zu Grunde liegende Forschung nicht alltäglich sein. Genau diese Synthese ist Physikern am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) nun gelungen.

Die Forscher haben eine extrem kalte, extrem kleine Wolke aus Natriumgas ins Rotieren gebracht, und dabei Effekte erzeugt, die sie an löcherigen Käse erinnert haben. Mehr noch: Vergleichbare Phänomene treten auch auf, wenn Pulsare - äußerst dichte Neutronensterne mit hoher Eigenrotation - leicht aus dem Takt kommen: Kleine Wirbel, die Wissenschaftler sprechen von "Whirlpools", bilden sich, verschwinden wieder und erzeugen "Sternenbeben".

"Es war atemberaubend, als wir im Experiment diese Wirbel beobachten konnten", sagt der MIT-Physiker Wolfgang Ketterle. "Wir nahmen dieses eiskalte, instabile Gas, schufen Hunderte kleiner Whirlpools, und dennoch blieb die Gaswolke stabil und glücklich."

Die Forschungsergebnisse könnten neue Hinweise auf die Geschichte des Universums und seiner Sterne geben. Zudem erhoffen sich die Forscher grundlegende Fortschritte beim Bau von Atomuhren. Die Untersuchung soll in zwei Wochen im US-Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlicht werden.

Synchron auf Einsteins Spuren

In ihrem Labor in Cambridge hatte das Team um Ketterle Natriumgas auf eine Temperatur weniger als ein Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. In dieser Kälte nimmt die Materie einen neuen Aggregatzustand an, Physiker sprechen von einem Bose-Einstein-Kondensat. Bereits vor 75 Jahren von Albert Einstein vorhergesagt, nehmen dabei alle Teilchen denselben niedrigen Energiezustand ein, bewegen sich synchron und verhalten sich somit wie ein großes Atom.

Da kein Gefäß eine derart kalte Masse einschließen kann, hielten die Physiker die Gaswolke mit Hilfe eines Magnetfelds in Position. Anschließend verwendeten sie einen Laserstrahl, um das Gas in Rotation zu versetzen - ein Vorgehen, das laut Ketterle dem Versuch gleiche, einen Tischtennisball mit einer Feder zum Drehen zu bewegen.

Die rotierende Wolke, deutlich kleiner als ein Regentropfen, entwickelte anschließend ein reguläres Muster von mehr als hundert Wirbeln. Noch nie hatten Wissenschaftler, so Ketterle, eine derart große Anzahl an Quanten-Whirlpools gesehen - zumindest nicht im Labor: "Astronomen haben dieses Phänomen bereits mehrfach bei Pulsaren feststellen können", sagt Mark Lee, der für die Nasa Grundlagenforschung betreibt. "Möglichkeiten, auf diese Effekte einzuwirken, gab es allerdings nicht. Bis jetzt."