Neutrino on the rocks

Neutrinos mit hoher Energie könnten Aufschluss über Katastrophen am Rande des Universums geben, sind aber nur schwer nachzuweisen. Mit einem Detektor in der Antarktis haben Forscher nun erstmals Erfolg gehabt.

London - Kosmische Neutrinos sind wahre Geisterteilchen: Sie besitzen keine elektrische Ladung, kaum Masse und können mit großer Geschwindigkeit nahezu ungehindert Menschen, die Erde, Sterne oder ganze Galaxien durchqueren. Anders als Neutrinos geringerer Energie, die etwa von der Sonne abgestrahlt werden, stammen die hochenergetischen Teilchen meist aus den Tiefen des Weltalls.

Diese Neutrinos sind für Astrophysiker äußerst interessant: Man vermutet, dass die kosmischen Geschosse beim Zusammenstoß Schwarzer Löcher, Sternenexplosionen oder anderen gewaltigen Katastrophen entstehen können. Der genaue Ursprung lässt sich allerdings nur ermitteln, wenn genügend Neutrinos hoher Energie nachgewiesen werden können. Doch genau das stellt die Wissenschaftler vor ein Problem, denn die Teilchen kollidieren nur selten mit Materie.

Nun vermeldet ein internationales Team von Forschern, darunter auch deutsche Physiker vom Desy Zeuthen, in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature" einen ersten Teilerfolg. Mit dem nahe des Südpols im Eis versenkten Detektor Amanda ("Antarctic Muon and Neutrino Detector Array") entdeckten die Wissenschaftler Spuren hochenergetischer Neutrinos aus der Atmosphäre: "Die Neutrinos, die wir nachgewiesen haben, besitzen eine höhere Energie als alle bisher entdeckten Neutrinos", berichtet Francis Halzen von der University of Wisconsin-Madison.

Amanda besteht aus 667 in Form eines riesigen Zylinders angeordneten Glaskugeln, die über 1,5 Kilometer tief ins antarktische Eis eingelassen sind. Das Netzwerk aus Sensoren ist zur Erdmitte ausgerichtet: So können Spuren von Neutrinos beobachtet werden, die bei der Durchquerung der Erde zufällig mit Protonen kollidieren. Dabei entsteht die so genannte Tscherenkow-Strahlung, die in den Glaskugeln registriert wird und Rückschlüsse auf die Energie und Flugrichtung der Neutrinos erlaubt.

Die von Amanda nachgewiesenen Neutrinos entstanden nicht tief im All, sondern beim Einschlag kosmischer Strahlung in die Erdatmosphäre. Dennoch zeigen sie den Forschern zufolge, wozu die Detektor-Methode in der Lage ist: "Wir haben bewiesen, dass unsere Technik funktioniert", sagt Halzen. Um auch kosmische Neutrinos aufspüren zu können, plant das Team bereits einen viel größeren Detektor: Der so genannte "IceCube" soll aus 4800 im antarktischen Eis versenkten Sensoren bestehen.