Mini-Planeten im Strahlengewitter

Astronomen wollen im Orionnebel erstmals Planeten im Frühstadium beobachtet haben. Doch die winzigen Klumpen haben es in der stürmischen Umgebung nicht leicht.

Die Entstehung von Welten, die Leben beherbergen können, ist möglicherweise ein Glücksspiel. Astronomen haben im 1500 Lichtjahre entfernten Orionnebel winzige Staubklumpen nachgewiesen, die irgendwann einmal zu Planeten heranreifen könnten. Doch die meisten dieser Keime werden von Strahlung hinweggefegt, berichtet das Team um John Bally von der University of Colorado im Fachmagazin "Science".

Bislang haben Forscher fast 70 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt. Entstanden sind sie vermutlich in so genannten protoplanetaren Staubscheiben, die junge Sterne wie eine Hülle umgeben. Wie Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble zeigten, befinden sich im nahe gelegenen Orionnebel viele dieser Gebilde - bislang fehlte jedoch ein Beleg, dass sich darin tatsächlich winzige Teilchen zu Miniatur-Planeten zusammenballen.

Genau diesen Beweis wollen Bally und seine Kollegen nun erbracht haben. Die Astronomen hatten anhand von Hubble-Fotos die prominenteste protoplanetare Scheibe im Orionnebel studiert, die sich als Silhouette vom leuchtenden Hintergrund abhebt. Die Staubwolke mit dem unspektakulären Namen 114-426 umgibt einen sehr jungen Stern, ist dreißigmal so groß wie unser Sonnensystem und entstand vermutlich vor 100.000 Jahren.

Um den Durchmesser der darin enthaltenen Staubpartikel zu bestimmen, untersuchten die Astronomen, wie gut Licht im sichtbaren und infraroten Bereich die Scheibe durchdringt. Dabei zeigte sich, dass die vorherrschenden Bestandteile 25 bis 50 Mal größer sind als Teilchen in gewöhnlichen Wolken. Seit der Entstehung von 114-426 muss sich also Staub zu immer größeren Körnern verklumpt haben - ein Prozess, an dessen Ende theoretisch ein Planet wie unsere Erde entstehen kann.

Doch diese Entwicklung vollzieht sich in einem äußerst wüsten Milieu: Die ultraviolette Strahlung massiver Jungsterne im Orionnebel lässt die meisten Mini-Planeten verdunsten. Hubble-Aufnahmen zeigen zerzauste protoplanetare Scheiben, die durch den Protonenbeschuss auseinander getrieben werden. Dadurch gerät die Geburt von Planeten zur Lotterie: "Es ist so, als wolle man im Zentrum eines Tornados einen Wolkenkratzer errichten", meint Co-Autor Henry Throop vom Southwest Research Institute.

Um die Chancen der Planetenkeime zu überprüfen, entwickelten die Astronomen ein mathematisches Modell, mit dem sie die Bedingungen im Orionnebel simulierten. Innerhalb von einer Million Jahren, so das Ergebnis der Berechnungen, löste die Strahlung nahezu die gesamte Staubscheibe um das Zentralgestirn auf. Nur in den inneren Bereichen ergab sich eine andere Situation: Dort war die Gravitation so stark, dass sich nach 100.000 Jahren zentimetergroße Bröckchen bilden konnten, die dem Bombardement trotzten.

Allerdings bleibt den Mini-Planeten dem Modell zufolge wenig Zeit, um sich zu ausgewachsenen Welten zu entwickeln. Nach weiteren 900.000 Jahren - in astronomischen Kategorien ein Augenblick - sind in ihrer Nähe keine Eis- oder Staubkörner mehr vorhanden, mit denen sie ihre Masse vergrößern könnten. Immerhin: Planeten wie die Erde könnten theoretisch im Orionnebel entstehen, Gasriesen wie Jupiter oder Saturn jedoch nicht, glaubt Bally.

Wenn die Berechnungen des Teams stimmen, gibt es im Weltall weit weniger Planeten als bislang angenommen. Astronomen gehen davon aus, dass sich Sterne - und damit auch ihre Trabanten - in Geburtsstätten bilden, die mit dem Orionnebel vergleichbar sind. Nur zehn Prozent aller Sonnen haben größere Planeten, vermuten Bally und seine Kollegen. Der Rest wird allenfalls von trostlosen Bröckchen umkreist.