Mathematische Formeln gegen Drogenkonsum

Drogenprävention statt Bestrafung - ein Schlagwort für eine effiziente Drogenpolitik. Mit wissenschaftlichen Methoden versuchen Mathematiker von der TU Wien jetzt den Umgang mit Drogen zu beeinflussen.

Denn mit genauen Analysen und mathematischen Modellen können nicht nur Prognosen erstellt, sondern auch Gegenmaßnahmen (Prävention, Therapie, ...) gesteuert werden. Herausgefunden werden soll, wie die heute immer beschränkteren Etats am besten auf Prävention oder Therapie verteilt werden können.

Drogenkonsum bei 12-Jährigen

Die Drogenkonsumenten werden weltweit immer jünger. In den USA haben nach neuen Umfragen schon viele 11- und 12-Jährige Erfahrungen mit Drogen. Bereits mehr als 20 Prozent der 15-Jährigen haben schon einmal Marihuana probiert.

Aber nicht nur das Alter ist entscheidend. Eine Vielzahl von Einflussfaktoren wie der Stellenwert von Drogen in der Gesellschaft oder das persönliche Umfeld animieren Menschen zum Konsum von Drogen oder halten sie - im Idealfall - davon ab.

Einflussfaktoren steuern

Mit dem mathematischen Modell des Institutes für Systemtheorie der TU Wien könnten Politiker jetzt bald ein Werkzeug haben, um diese Faktoren - soweit es in Ihrer Hand liegt - optimal zu steuern.

Praktische Anwendungen

Praktisch heißt das zum Beispiel: Wie soll ich das Geld auf Therapien und Präventionsprogramme aufteilen? Oder: Wann sollen Kinder in Schulen über Drogen aufgeklärt werden? Denn für Präventionsmaßnahmen ist das Alter einer der grundlegendsten Faktoren. Werden die Programme ein bis zwei Jahre zu spät angesetzt, so ist der Zug schon lange abgefahren; kommen sie hingegen zu früh, so gehen sie ins Leere, weil der Zeitraum bis zu einer möglichen Berührung mit Drogen zu lange ist.

Beispiel: Kokain in den USA

Die rote Kurve gibt die tatsächlichen Daten der momentanen U.S.-Kokainepidemie wieder. Mit einer "Was-Wäre-Wenn-Analyse" wurden die beiden anderen Kurven modelliert.

Dabei wurden die Budgets für Präventions- bzw. Therapiemaßnahmen "optimal" gewählt. Das heißt die dem Staat erwachsenden sozialen Kosten aus Drogenkonsum (inklusive der Ausgaben für Prävention und Therapie) werden minimiert. Etwas das auch für Sozialversicherungsanstalten wohl nicht uninteressant ist ...

Die konsumierten Mengen in der gelben Kurve ergeben sich, wenn das Budget zwar optimal zwischen Präventions- und Therapiemaßnahmen aufgeteilt wird, aber beschränkt ist.

Die Daten der grünen Kurve schließlich entstammen der Annahme, dass das Budget unbeschränkt zur Verfügung steht; wenn diese Annahme auch unrealistisch erscheinen mag, so liefert sie doch die geringsten konsumierten Mengen bzw. sozialen Kosten - mehr Flexibilität in der Drogenpolitik ist also gefragt.

Modelle wie bei Epidemien

Prinzipiell arbeitet das Modell wie bekannte Verbreitungsmodelle für Epidemien. Diese funktionieren eigentlich einfach: Je mehr Infizierte in der näheren Umgebung eines Menschen sind, desto leichter wird er erkranken.

Ähnlich ist es hier: die meisten Jugendlichen werden von "Bekannten" mit Drogen in Kontakt gebracht. Und je mehr Menschen man kennt, die damit zu tun haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, Drogen angeboten zu bekommen.

Ob der Jugendliche sie aber auch nimmt, hängt davon ab wie selbstsicher und wie gut informiert er ist. Dieser "Modellparameter" ist von der Aufklärungspolitik abhängig, die Simulationsergebnisse ändern sich also nach der gewählten Drogenpolitik.

Positive und negative Einflüsse

Das persönliche Umfeld spielt eine ganz wesentliche Rolle beim Drogeneinstieg. So können einerseits Gelegenheitskonsumenten unter den Freunden und Bekannten die positiven Seiten der Droge hervorheben und zum Konsum animieren.

Andererseits werden durch schwer suchtkranke Personen die negativen Folgen des Drogenkonsums verdeutlicht, und so wird auch eine abschreckende Wirkung erzielt. Umstände, die genau wie der häufige Kontakt zu Gleichaltrigen im Modell bedacht wurden.

Unterschiedliche Modelle

In der Zukunft sollen verschiedene Modelle berechnet werden. Dabei wird zum Beispiel eine Unterscheidung verschiedener Drogen eingeführt. Handelt es sich um eine so genannte Einstiegsdroge oder um harte Drogen? Zusätzlich könnte man auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen in das Modell packen.

Möglicherweise kann man so testen, wie man Gesetze am sinnvollsten gestaltet und auch kontrolliert. Also vielleicht ein wissenschaftliches Tool, um neue Aspekte in alte weltanschauliche Diskussionen zu bringen.