Hubble-Bild bestätigt Einstein

Das Foto eines explodierenden Sterns hat Astronomen den ersten direkten Beweis für eine Theorie Einsteins geliefert, die dieser später verworfen hat: dass eine mysteriöse "dunkle Energie" das Universum durchzogen haben muss und dort auch immer noch vorhanden ist.

Das Hubble Space Telescope der NASA nahm durch Zufall das Bild einer Supernova auf, die sich in größerer Entfernung von der Erde befindet als alle bisher aufgenommenen.

Doch diese Sternenexplosion ist nicht nur auf Grund ihrer großen Entfernung außergewöhnlich - zehn Milliarden Lichtjahre von der Erde weg. Sondern auch, weil sie die Existenz einer mysteriösen "dunklen Energie", die den Kosmos durchflutet, zu untermauern scheint.

Dunkle Energie

Die Vorstellung einer dunklen Energie, die Galaxien mit immer schnellerer Geschwindigkeit voneinander wegschiebt, stammt von Albert Einstein. Später allerdings verwarf er die Theorie wieder.

Dunkle Materie oder Energie (was ja nach Einsteins Relativitätstheorie äquivalent ist) benötigt man, um gewissen Beobachtungsergebnisse, wie beispielsweise das Rotationsverhalten von Galaxien zu erklären. Sie folgt außerdem aus kosmologischen Modellen (wie beispielsweise dem Inflationsmodell) nach denen es viel mehr Materie geben muss, als wir als leuchtende Materie sehen können. Bis heute weiß nur leider niemand, was diese dunkle Materie ist. Die Fahndung danach gehört zu den spannendesten Forschungsgebieten der Astrophysik: Astronomen suchen nach dunklen Sternen oder riesigen dunklen Wolken, Teilchenphysiker fahnden nach mysteriösen Elementarteilchen. Bisher leider ohne greifbaren Erfolg. Und selbst wenn man weiß, was dunkle Materie ist, wäre ein Nutzung vermutlich nicht möglich: Die Bewegungen der Körper in unserem Sonnensystem deuten nicht darauf hin, dass es in unserer Umgebung größere Mengen dunkler Materie gibt.

Ausdehnung des Universums beschleunigt sich erst jüngst

Die Entdeckung des Hubble-Teleskops unterstützt also die Aufsehen erregende Idee, dass die Ausdehnung des Universums sich erst jüngst zu beschleunigen begann.

Denn nun gibt es den ersten Beweis dafür, dass die Schwerkraft nach dem Urknall die Ausdehnung des Universums erst einmal bremste. Erst später hat die Kraft der dunklen Energie, die der Schwerkraft entgegenwirkt, diese überwunden.

Die Ausdehnung des Universums veränderte sich

Das Astronomen-Team um Adam Riess vom Space Telescope Science Institute (STScI), analysierte Hunderte Hubble-Bilder. Sie gingen der Frage nach, wie Galaxien entstehen.

"Diese Supernova scheint zu einer ganz besonderen Art zu gehören, die den Astronomen ein besseres Verständnis der Frage erlaubt, wie sich die Ausdehnung des Universums mit der Zeit verändert hat", meint Riess.

"Das Universum verhält sich gewissermaßen wie ein Autofahrer, der langsam auf eine rote Ampel zufährt. Wenn sie auf Grün umschaltet, tritt er aufs Gaspedal."

Das verlangsamte Universum

Diese alle Rekorde brechende Supernova strahlt besonders hell - eine Folge der Tatsache, dass die Ausdehnung des Universums in der Vergangenheit sich verlangsamte (zu der Zeit, als die Supernova explodierte) und sich erst kürzlich zu beschleunigen begann (wobei das "kürzlich" relativ zu nehmen ist).

"Vor langer Zeit, als das Licht die entfernte Supernova verließ, scheint sich das Universum verlangsamt zu haben auf Grund des Zugs der gesamten Masse im Universum", erklärt Riess. "Milliarden Jahre später, als das Licht jüngere Supernovae verließ, hatte das Universum schon begonnen, sich zu beschleunigen. Dadurch dehnte sich die Weite zwischen den Galaxien aus und die Objekte darin erscheinen weniger hell."

Die Ausdehnung des Universums

Astronomen wissen wegen der Rotverschiebung im Licht, das von entfernten Galaxien stammt, dass sich das Universum ausdehnt. Auf Grund des Doppler-Effekts werden Lichtwellen zusammengedrückt, wenn die Lichtquelle näher kommt. Umgekehrt dehnen sich die Lichtwellen aus, entfernt sie sich. (Bekannt ist der Doppler-Effekt bei der Polizeisirene, die anders klingt, je nachdem, wo sich das Auto gerade befindet.) Höhere Lichtfrequenzen erscheinen blauer, niedrigere röter. Die Rotverschiebung im Licht der Galaxien unserer Umgebung bedeutet, dass diese Galaxien sich von uns fort bewegen. Wie aber können sich alle Galaxien von uns wegbewegen? Nur wenn das Universum selbst sich ausdehnt.

Ampel schaltet auf Grün

Beobachtungen an mehreren weit entfernten Supernovae durch zwei Astronomen-Teams im Jahre 1998 führten zu der Theorie, dass die "Ampel" des Universums auf Grün schaltete, als es ungefähr halb so alt war wie jetzt. Die Astronomen sind der Meinung, die neuen Hubble-Bilder würden andere Erklärungen ausschließen.

Die kosmologische Konstante

Vor beinahe hundert Jahren schloss Einstein in seiner allgemeinen Relativitätstheorie, dass das Universum unter dem unermüdlichen Zug der Schwerkraft eigentlich in sich zusammenfallen müsse. Er ging allerdings - wie viele Wissenschaftler seiner Zeit - davon aus, dass das Universum statisch sei und sich nicht verändere. Um seine Berechnungen diesen Annahmen anzupassen, fügte Einstein etwas hinzu, was er die "kosmologische Konstante" nannte. Diese arbeitet entgegen der Schwerkraft. Allerdings wusste er nicht, ob es sie tatsächlich gibt.

Wie wahrscheinlich ist, dass es die von Albert Einstein postulierte kosmologische Konstante doch gibt?

Nun, eine mathematische Wahrscheinlichkeit lässt sich dafür wohl kaum angeben. Man sollte sich aber vor Augen halten, warum Albert Einstein die kosmologische Konstante 1917 in seine Gravitationsgleichungen einführte: Nur so war es möglich, ein statisches Weltmodell zu konstruieren, was man damals noch als das wahrscheinlichste Bild annahm. Das Hubble-Gesetz war zu dieser Zeit nämlich noch gar nicht entdeckt. Später soll Einstein die Einführung der kosmologischen Konstante als größten Irrtum seines Lebens bezeichnet haben, da eine kosmologische Konstante ungleich Null dazu führen würde, dass die leere Raumzeit gekrümmt ist. Die kosmologische Konstante, von manchen später im Rahmen der Quantenfeldtheorie auch als "Energiedichte des Vakuums" gedeutet, wird zur Zeit wieder modern, da sie es erlaubt, ein aus der Hubble-Konstante gefolgertes Alter des Universums praktisch zu vergrößern und somit das - bei manchen Werten der Hubble-Konstanten auftretende - Paradoxon lösen könnte, dass Sterne älter sind als das Universum. So kann man über die kosmologische Konstante nur schlecht ohne die Kenntnis der anderen fundamentalen Werte (wie Hubble-Konstante und Materiegehalt des Universums) urteilen, da alle Teil des "Puzzles" sind. Und bis man diese Werte genau genug kennt, wird noch einige Zeit vergehen. (ds/2000)

Albert Einstein 1916 an der ETH Zürich.

Einstein krempelte unser Verständnis des Universums grundlegend um. Mit der speziellen Relativitätstheorie überholte er unsere Vorstellungen von Raum und Zeit. Mit der allgemeinen Relativitätstheorie modifizierte er diese Vorstellungen, insofern sie eine Erklärung für die bis dahin mysteriöse Schwerkraft berücksichtigte. Nun scheint seine Vermutung, dass das Universum von einer ausdehnenden Kraft, der "kosmologischen Konstante", durchdrungen ist, auch richtig zu sein.