"Herzschlag" der Sonne entdeckt

Gasströme im Innern der Sonne könnten erklären helfen, warum es alle elf Jahre zu einem Höhepunkt der Eruptionen kommt. Die ausgestoßenen Partikel beeinflussen das magnetische Feld der Erde und können Satelliten aus ihrer Bahn werfen.

Washington D.C. - Ein internationales Wissenschaftler-Team hat 224.000 Kilometer unter der Sonnenoberfläche Gasströme ausgemacht, deren Fließgeschwindigkeit in einem 16-Monate-Zyklus zunimmt und abnimmt.

Diese solaren Ströme befinden sich im gleichen Gebiet, in dem Forscher den Ursprung der zyklischen Sonnenaktivität, den so genannten "Sonnendynamo", vermuten. Dieser "Dynamo", so lautet eine Theorie, verwandelt die Bewegungsenergie der ionisieren Gaspartikel in elektromagnetische Energie. Nach einiger Zeit soll sich die angestaute Energie einen Weg Weg an die Oberfläche bahnen - die vermutete Ursache der Sonnenflecken.

"Wir sind aufgeregt, die ersten Beweise für Veränderungen in der Nähe des solaren Dynamos gefunden zu haben - der Region, die das magnetische Feld der Sonne generiert und vermutlich den solaren Zyklus steuert", äußert sich die an der Entdeckung beteiligte Rachel Howe vom National Solar Observatory der amerikanischen National Science Foundation in der Fachzeitschrift "Science", in der die Resultate veröffentlicht wurden. "Es ist sehr überraschend, dass diese Veränderungen in so kurzen Intervallen auftreten - nicht einmal in elf Jahren, sondern in ungefähr 16 Monaten."

Die Entdeckung könnte auch neue Erkenntnisse über die Rotationsgeschwindigkeit der Sonne liefern, die seit langer Zeit Rätsel aufgibt. Aus ungeklärtem Grund drehen sich die einzelnen Schichten der Sonne mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. In der Nähe des Äquators dreht sich die äußere Gasschicht schneller als die innere, polwärts verringert sich diese Differenz, bis sich das Verhältnis an den Polen vollständig umgekehrt hat.

Die Forscher fanden nun heraus, dass sich die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen der inneren und äußeren Gasschicht innerhalb von sechs Monaten um 20 Prozent verringert. Wenn sich die Fließgeschwindigkeit der tiefer liegenden Gasschichten beschleunigte, verringerte sich die der weiter an der Oberfläche befindlichen Schichten und umgekehrt. Innerhalb einer vierjährigen Beobachtungszeit trat diese Alternation drei Mal auf, was den 16-Monate-Zyklus ergibt. Die Wissenschaftler glauben, dass die von ihnen georteten Strömungen auch erklären könnten, warum es in einer geschätzten Tiefe von 60.000 Kilometern Gasschichten gibt, die von der durchschnittlichen Rotationsgeschwindigkeit dieser Region abweichen. Die Auswirkung dieses Phänomens ist zwar nur gering, resultiert aber im Laufe der Jahre in einem "Wandern" der Gasschichten Richtung Äquator. Eine ähnliche Erscheinung hat man bereits bei Sonnenflecken festgestellt.

Die Entdeckung der Gasströme gelang mit Hilfe von Aufnahmen der von Nasa und der European Space Organisation (Eso) betriebenen Sonde Soho, sowie Daten des Gong-Projekts (Global Oscillation Network Group) einem Netzwerk von Beobachtungsstationen, an dem 20 Nationen beteiligt sind.