Geheimnisse der Materie enthüllt?

Warum gibt es mehr Materie als Antimaterie im Universum? Dieses Phänomen erklärt die Existenz von Planeten und Galaxien. Wissenschaftler präsentieren jetzt neue Ergebnisse, die jenes große Geheimnisse der Natur enträtseln sollen.

Im Universum überwiegt der Materie-Anteil über den Antimaterie-Anteil. In Gegenwart normaler Materie existiert Antimaterie im allgemeinen nur kurzzeitig, da sie mit dieser zusammen infolge der so genannten Paarvernichtung zerstrahlt.

In anderen Worten: Materie und Antimaterie reagieren miteinander und vernichten sich so gegenseitig. Kurz nach dem Urknall sollen gleiche Anteile an Materie wie Antimaterie vorhanden gewesen sein. Alle Materie hätte dann aber durch Reaktion mit Antimaterie vernichtet werden müssen.

Materie-"Überschuss " erklärbar

Dass dem nicht so ist und sich durch den "Überschuss" an Materie Galaxien, Sonnensysteme und Planeten gebildet haben, erklären die Physiker des Fermi National Accelerator Laboratory ( Fermilab) und der European Organization for Nuclear Research (CERN) jetzt mit einem Phänomen genannt "Charge Parity(CP) Violation" oder " CP-Verletzung".

Um jener " CP-Verletzung" auf den Grund zu gehen, analysierten die Physiker Daten, die sie in den letzten zehn Jahren in den Teilchenbeschleunigern des Fermilab und bei CERN gesammelt hatten.

Was ist Antimaterie?

Atome, die aus Antiprotonen und Antineutronen im Kern und Positronen in der Hülle aufgebaut sind, bzw. Materie, die aus derartigen Atomen besteht. Antimaterie zeigt nach dem PCT-Theorem dasselbe physikalische Verhalten wie "normale" Materie. In Gegenwart normaler Materie existiert Antimaterie nur kurzzeitig, da sie mit dieser zusammen infolge Paarvernichtung zerstrahlt. 1965 wurde der Kern des schweren Antiwasserstoffs nachgewiesen. 1995 gelang erstmals die Synthese von Antiwasserstoffatomen. Anziehende Kernkräfte zwischen Nukleon und Antinukleon können zu einem gebundenen System beider Teilchen führen.

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Vielfacher Zerfall verrät Geheimnis

Die neuen Ergebnisse beruhen auf der Beobachtung des vielfachen Zerfalls eines spezifischen Teilchens namens Mesonen, wobei sich jenes " CP-Verletzung"-Verhalten zeigte.

Der Unterschied in den Zerfallraten der Mesonen und ihrer Antimaterie konnte jetzt mit großer Genauigkeit bestimmt werden. Damit fanden die Wissenschaftler den ersten direkten Hinweis für jene " CP-Verletzung".

Diese "Verletzung" soll der Grund dafür sein, dass Materie im Vergleich zu Antimaterie im Universum überwiegt. Im Grunde also die Erklärung, warum z.B. die Erde existiert.

Was sind Mesonen?

Elementarteilchen, deren Masse zwischen der des Elektrons und der des Protons liegt. Sie sind instabil und zerfallen in leichtere Partikel. Mesonen mit etwa 200- bis 300-facher Elektronenmasse wurden von H. Yukawa 1935 vorausgesagt. Diese " Yukawa-Teilchen" nennt man heute Pionen ( pMesonen). Sie entstehen bei energiereichen Kernstößen und sind für die Kernkräfte verantwortlich. Andere Mesonen sind die Kaonen (K-Mesonen); sie entstehen zusammen mit Hyperonen beim Zusammenstoß energiereicher Pionen und Protonen.

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Eine Sache der Symmetrie

Hinter dem Konzept der "Charge Parity" (CP) steht die Idee der Symmetrie. Sowohl Charge (C) oder Ladung wie Parity(P) oder Gleichheit werden in den meisten Interaktionen zwischen Teilchen beobachtet.

C bedeutet, dass die Ladung aller (subatomaren) Teilchen in einer Interaktion wechselt; in anderen Worten: Materie, die sich in Antimaterie verwandelt und umgekehrt. Parity oder P steht dafür, dass bestimmte Eigenschaften spiegelbildlich oder symmetrisch vorkommen.

Demnach zerfallen bestimmte Teilchen wie die Mesonen aber unsymmetrisch, das heißt sie "verletzten" die Symmetrie der CP-Regel, es tritt eine " CP-Verletzung" auf.

Erste Experimente 1993

Die ersten auf den Nachweis der " CP-Verletzung" angelegten Experimente wurde 1993 in CERN und dem Fermilab durchgeführt. Damals publizierte Resultate waren jedoch nicht präzise genug, um eine " CP-Verletzung" - und damit die Ursache für den Materie-Überschuss - auch direkt nachweisen zu können.

Der von den beiden Teams jetzt mit größerer Präzision gemessenen Effekt ergänze die noch ungenauen Ergebnisse des Jahres 1993, so die Physiker von CERN und dem Fermilab.

Dies wäre laut den Wissenschaftlern ein weiterer Schritt zu einer vollständigen Erklärung der Funktionsweise unseres Universums.

CERN

Fermilab

Brookhaven National Laboratory