Gefangen im Magnetfeld

Zum ersten Mal ist es Astronomen gelungen, vom Weltall aus die gesamte Magnetosphäre der Erde zu fotografieren. Auch ein bislang unsichtbarer "Schwanz" aus Gas konnte auf Film gebannt werden.

Der von der Erde in Richtung Sonne fließende Strom aus angeregten Gasatomen wurde in dieser Form erstmals von der "Image"-Sonde der Nasa sichtbar gemacht. Vor knapp einem Jahr gestartet, soll der Flugkörper das Magnetfeld der Erde und seine geheimnisvollen Plasmaströme erkunden. Vor allem liefert "Image" aber spektakuläre Bilder. So faszinierend, dass das US-Wissenschaftsmagazin "Science" die aktuelle Aufnahme der Nasa-Sonde gleich auf seine Titelseite genommen hat.

Die vom Magnetfeld der Erde dominierte Schicht, Magnetosphäre genannt, schützt den blauen Planeten vor den energiegeladenen Protonen und Elektronen des Sonnenwinds. Gleichzeitig kann sie sich - zum Beispiel durch starke Sonnenaktivitäten - energetisch aufladen, was zu Störungen von Telekommunikation und Stromversorgung führen kann.

Da die Magnetosphäre gewaltige Ausmaße annehmen kann (auf der sonnenabgewandten Seite der Erde erstreckt sie sich über die Mondbahn hinaus), gilt es als äußerst schwer, die gesamten magnetischen Effekte in einem Bild festzuhalten. Thomas Moore, "Image"-Projektleiter beim Goddard Space Flight Center der Nasa, vergleicht die Herausforderung mit dem Studium von Wirbelstürmen, die erst durch Satellitenaufnahmen vollständig verstanden werden konnten. "Vergleichbar mit den ersten Meteorologen hatten wir vor 'Image' lediglich ein unvollständiges Bild der Magnetosphäre."

Mit Hilfe der jetzt vorliegenden Aufnahmen konnten die Wissenschaftler ein Phänomen sichtbar machen, das bereits vor dreißig Jahren theoretisch beschrieben worden war: ein Plasmastrom, der von der Erde weg fließt.

Der Effekt ist vergleichbar mit einem Wassertropfen. Von der Luft in die typische Tropfenform gebracht, drückt der Luftwiderstand beim Fall beständig von unten gegen das Wasser. Da die Oberflächenspannung aber gleichzeitig verhindert, dass sich der Tropfen auflöst, muss innerhalb des Tropfens beständig Wasser vom "Schwanz" zum "Kopf" fließen.

Auch das Magnetfeld der Erde hat auf Grund der Korpuskelstrahlung der Sonne eine Tropfenform. An den Rändern der Magnetosphäre zerrt der Sonnenwind zunächst Plasma mit sich. Später brechen die geladenen Teilchen - vergleichbar mit dem Wasser im Tropfen - aus und strömen wie eine Verwirbelung in Richtung Sonne.

Doch "Image" hat nicht nur alte Theorien bestätigt, sondern auch neue Phänomene entdeckt. So existieren Regionen in der Magnetosphäre, in denen fast kein Plasma zu finden ist. Warum das so ist, das soll die Sonde als Nächstes klären.