Experimente mit Quanten

Wie weit gibt es eine von uns unabhängige Wirklichkeit? Hängen die beobachteten Eigenschaften der Dinge von uns ab? Oder davon, ob wir sie beobachten?

Spiel im Experiment

Am spannendsten stellen sich diese Fragen beim Verhalten des Kleinsten, mit dem wir im Experiment "spielen" können, den einzelnen Quanten. Und auch da nur, wenn man im Experiment äußerst delikat vorgeht, da Quanten sehr empfindlich sind.

Die einfachsten Quanten sind die Teilchen des Lichts, die Photonen. Motiviert durch solche fundamentalen Fragestellungen und ermöglicht durch technischen Fortschritt können heute immer mehr und Experimente mit einzelnen Quanten durchgeführt werden, so auch in unserem Laboratorium an der Universität Wien.

Umwegrentabilität

Wie oft in der Geschichte der Naturwissenschaften sind dadurch so nebenbei auch Ideen für neue Technologien entstanden. Am Interessantesten ist hier die Quanteninformatik. Hier geht es um prinzipiell neue Möglichkeiten der Informationsverarbeitung und Informationsübertragung, wenn man Information in einzelnen Quantenteilchen codiert, und die Übertragung bzw. die Verarbeitung dieser Information nach Quantengesetzen abläuft.

Die Niederlage der Spione

Auch zur Verschlüsselung geheimer Nachrichten weist die Quantentheorie mit der Quantenkryptographie einen völlig neuen Weg, der erste, dessen Sicherheit durch Naturgesetz garantiert ist. In dem nun schon Jahrtausende währenden Kampf zwischen "Code Makers" und "Code Breakers" also zwischen denen, die einen sicheren Verschlüsselungscode haben möchten und denen, die geheime Nachrichten abhören wollen, scheinen also die Abhörer zu verlieren.

Das Gemeinsame aller quantenkryptographischen Verfahren ist die Erzeugung bzw. Übermittlung eines Schlüssels mit Hilfe einzelner Quanten. Dieser Schlüssel kann dann zur Verschlüsselung einer geheim zu haltenden Nachricht herangezogen werden.

Quantenkryptographie

Eines der Verfahren der Quantenkryptographie verwendet verschränkte Photonen. Verschränkung war vom Österreicher Erwin Schrödinger als das wesentliche Charakteristikum der Quantenphysik bezeichnet worden. Er beschrieb damit die Korrelationen zwischen Messungen, die an getrennten Quantensystemen vorgenommen werden. In gewissen Fällen sind diese Korrelationen stärker als alle Korrelationen, die von der klassischen Physik erlaubt sind. Man kann z. B. Paare von Teilchen erzeugen, die bei Messung immer genau die gleichen Eigenschaften zeigen - analog identischen Zwillingen. Die naheliegende Annahme, daß sie dies deshalb tun, weil sie mit gleichen Eigenschaften geboren werden, ist für die Teilchenpaare jedoch falsch, wie der irische Physiker John Bell 1964 gezeigt hat. Vielmehr haben die verschränkten Teilchen von vornherein überhaupt keine Eigenschaften. Bei der Messung nimmt eines rein zufällig eine Eigenschaft an und das andere wird dann sofort die entsprechende Eigenschaft besitzen ganz egal, wie weit es entfernt ist. Dies hat Einstein als «spukhafte Fernwirkung» bezeichnet, die er nicht akzeptieren wollte.

Spukhafte Fernwirkung in der technischen Anwendung

In der Quantenkryptographie nimmt man genau solche verschränkten Photonenpaare, und erzeugt damit an zwei verschiedenen Orten dieselbe Folge von Zufallszahlen. Dieser Schlüssel kann dann zur Verschlüsselung verwendet werden. Ein möglicher Lauscher würde sofort entdeckt, da er Korrelationen stört, was zu verschiedenen Zufallsfolgen auf beiden Seiten führt.

Dies kann durch einen öffentlichen Vergleich von einem Teil der Bits des Schlüssels festgestellt werden. Sind die Schlüssel korrumpiert, werden sie einfach nicht verwendet. Ein Abhörer kann also allenfalls verhindern, daß eine geheime Nachricht ausgetauscht werden kann, er kann aber eine solche Nachricht nicht abhören.

Geheiminformation übermittelt

Derzeit laufen weltweit mehrere Forschungsprogramme, in denen versucht wird, Prototypen solcher Systeme zu entwickeln. Der Stand des physikalischen Wissens ist, daß solche Systeme über Entfernungen von ein paar Kilometern, also etwa zwischen Banken in einer Großstadt, bereits funktionieren würden. Allerdings mit einer noch recht geringen Datenrate. Trotzdem wären sie für das Übermitteln besonders wichtiger Geheiminformation wohl heute schon verwendbar.

Institut für Experimentalphysik