Der verbeulte Globus

Messungen des europäischen Radar-Satelliten ERS-l offenbaren, dass der Meeresspiegel keineswegs überall gleichmäßiges Niveau hat.

Abgesehen von Wetter und Gezeiten gilt der Meeresspiegel als Sinnbild der Konstanz: Normal Null ist ja auch die Standardbezugsgröße für Höhenangaben. Doch in Wirklichkeit variiert die Meeresoberfläche beträchtlich: Sie folgt der Oberfläche eines " Geoids", einer Fläche mit Beulen und Dellen. Der Himmelsspäher ERS-1, im Juli 1991 von einer " Ariane"-Rakete in die Umlaufbahn, gebracht, hat die genaue Form dieses Geoids erkundet, indem er mittels Radar seinen eigenen Abstand zum Meeresspiegel an zahlreichen Stellen zentimetergenau bestimmte. Ergebnis: Die Wasserfläche ragt nordöstlich von Australien bis zu 85 Meter über den Durchschnittswert empor und liegt im nördlichen Indischen Ozean bis zu 105 Meter darunter. Ursache für diese "langwelligen Undulationen" des Geoids sind wahrscheinlich Temperaturschwankungen im flüssigen Erdmantel. Kühler ist er insbesondere in jenen Regionen, wo kontinentale Platten während ihrer Subduktion, ihres Herabsinkens ins Erdinnere, noch nicht vollständig erwärmt sind. Je kühler aber das Magma, desto größer seine Dichte - und desto stärker ist dort die Gravitation. Alles, was darüber liegt, wird deshalb stärker angezogen - mit der Folge, daß das Geoid sich oben eindellt. Und wo das Magma extrem heiß ist, wölbt sich darüber entsprechend eine Beule.

Zusatz:Ein Programm der "LDEO Climate Group" an der Columbia University erzeugt Grafiken der Meeresspiegelniveaus von 1854 bis heute.