Urknall

(Big Bang), nach der Urknalltheorie die explosionsartige Expansion, mit der das Weltall vor etwa 15 bis 20 Milliarden Jahren entstanden ist. Verfolgt man die Expansion des Weltalls (Hubble-Effekt) zurück, so gelangt man unter gewissen Voraussetzungen zu dem Ergebnis, dass das Weltall anfangs auf einen sehr kleinen Raum mit sehr hoher Dichte und Temperatur beschränkt war. Die heute als Standardmodell akzeptierte Urknalltheorie geht von einem Anfangszustand unendlich hoher Temperatur und Dichte des Universums aus (kosmologischer Singularität), das beim Urknall explosionsartig auseinander getrieben wurde, wobei die Temperatur rasch abnahm.

Man geht heute davon aus, dass sich das Universum unmittelbar nach dem Urknall im Zustand höchster Symmetrie befand und gleich große Mengen von Materie und Antimaterie existiert haben. In den ersten 10-35 Sekunden dürfte die Energie jene Schwelle überschritten haben, bei der im Rahmen der Großen Vereinheitlichten Theorie elektromagnetischen, schwache und starke Wechselwirkung vereinigt und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Materieteilchen aufgehoben sind. Vermutlich sind Quarks, Elektronen und deren Antiteilchen aus dem Zerfall der in dieser Anfangsphase angenommenen überschweren so genannter X-Bosonen entstanden. Durch Symmetriebruch bildete sich ein geringfügiges Übergewicht von Quarks gegenüber Antiquarks. Später führte jeder Zusammenstoß von Antiquarks mit Quarks zur Vernichtung beider Teilchen unter Emission von Strahlung. Die heute beobachtbare Materie entspricht nach diesem Modell der Zahl der überschüssigen Quarks.

Etwa 10-4 Sekunden nach dem Urknall entstanden die ersten Strukturen im Kosmos: die bei Temperaturen um 1013 Kelvin aus den Quarks sowie durch Paarbildung aufgebauten Protonen und Neutronen. Diese konnten sich teilweise noch zu Deuterium- und Heliumkernen verbinden, ehe die rasche Expansion die Temperatur des Weltalls unter die für die Elementsynthese erforderliche Grenze absinken ließ. Da außerdem auch Elektronen entstanden waren, die sich auf Grund der noch zu hohen Temperatur nicht mit den Atomkernen zu neutralen Atomen verbinden konnten, blieb das Weltall anfangs für elektromagnetische Strahlung undurchdringlich: Photonen, die etwa milliardenfach häufiger als Protonen und Neutronen waren, wurden an den Elektronen immer wieder gestreut.

Erst einige 10.000 Jahre nach dem Urknall bei einer Temperatur von etwa 3000 Kelvin bildeten sich die ersten Atome im Universum. Da diese elektrisch neutral sind und nicht direkt mit den Photonen wechselwirken, "entkoppelten" sich Strahlung und Materie, konnte sich die Photonenstrahlung frei durch das All bewegen; die Relikte jener Strahlung beobachtet man heute als kosmische Hintergrundstrahlung. Sie gilt neben dem Hubble-Effekt und der beobachteten Heliumhäufigkeit im All (Kosmologie) als Hauptstütze der Urknalltheorie. Etwa eine Million Jahre nach dem Urknall entstanden die ersten größeren Materiezusammenballungen, die Vorläufer der heutigen Galaxien.

Die ursprüngliche Form dieses kosmologischen. Modells geht auf G. Lemaître einerseits und H. A. Bethe und G.Gamow andererseits zurück, jüngere Theorien beziehen zum Beispiel das Konzept einer inflationären Phase ein, bei der das Universum aus einer einzigen Quantenfluktuation heraus explodierte. Das Modell geht von einer heißen Materieblase als Anfangszustand aus, der durch Abkühlung von einer höher symmetrischen in eine weniger symmetrische Phase übergeht und kurzzeitig exponentiell (inflationär) expandiert. Die Inflationsphase (etwa zw. 10-35 Sekunden und 10-33 Sekunden nach dem Urknall) ist mit einer Volumenausdehnung auf das etwa 1090-fache verbunden. Um Aussagen unterhalb von 10-43 Sekunden (Planck-Zeit) nach Einsetzen des Urknall treffen zu können, müssen Quanteneffekte der Gravitation berücksichtigt werden, für die es bislang noch keine Theorie gibt.