Der Regenwald Brasiliens stirbt

Dem Regenwald am Amazonas droht der ökologische Kollaps. Die bekannten Befürchtungen wurden nun durch neue Untersuchungen bestätigt.

Die Gründe für das langsame Verschwinden des tropischen Regenwalds in Brasilien sind mannigfaltig: Brandrodungen, Bau von Pipelines und Straßen, Holzindustrie, Ölbohrungen sowie das rasante Anwachsen der (nicht-indigenen) Bevölkerung seit den 60er Jahren.

William Laurance und seine Kollegen vom Smithsonian Tropical Research Institute in Panama stellten nun Modelle vor, die unter Einbeziehung all dieser Parameter den Zustand des Regenwalds in den nächsten 20 Jahren beschreiben. Die wenig optimistischen Zukunftszenarien wurden in der neuesten Ausgabe des Science Magazine veröffentlicht.

Jährlich zwei Million Hektar Wald vernichtet

Das Amazonasgebiet Brasiliens erstreckt sich über rund ein Drittel der Fläche Südamerikas. Es beinhaltet etwa 40 Prozent der weltweit übrig gebliebenen Regenwälder und spielt - als Wasser- und Kohlenstoffspeicher - eine bedeutende Rolle bei der Beibehaltung des regionalen wie globalen Ökologie-Gleichgewichts. Auf deren Bedrohung wird seit langem hingewiesen. Jährlich werden etwa zwei Millionen Hektar Regenwald vernichtet - weltweiter Rekord in Sachen Waldvernichtung.

Ökonomischer Fortschritt, ökologische Katastrophe?

Gebündelt erscheinen die Phänomene, die von der brasilianischen Regierung als ökonomische Entwicklung, von Naturschützern aber als Gefahr verstanden werden, in dem Wirtschaftsprogramm "Avanca Brasil".

Insgesamt 40 Milliarden Dollar (5,8 Billionen ATS/42,3 Mrd. Euro) sollen dabei bis 2007 in Brasiliens Infrastrukturprojekte - Straßenbau, Eisenbahn, Pipelines, Stromleitungen, Flussbegradigungen u.a. - investiert werden.

Vor allem die zahlreichen Straßenverbindungen, die durch den Regenwald führen und bislang oft unasphaltiert waren, sollen in Zukunft ausgebaut werden. Kein Wunder, dass das Umweltministerium Brasiliens vom Großteil der "Avanca Brasil"-Planung ausgeschlossen bleibt.

Regenwald-Szenarien 2020

Um die Effekte des ehrgeizigen Projekts zu untersuchen, wurden vom Forscherteam um William Laurance unter Einbeziehung einer Vielzahl von Faktoren (vergangene Entwicklung, Infrastrukturprojekte) ein Wahrscheinlichkeitsmodell errechnet, das den Zustand des Amazonasgebiets in 20 Jahren prognostiziert. Zwei verschiedene Modelle wurden errechnet - ein "optimistisches" und ein "pessimistisches". Beiden gleich ist die drastische Waldvernichtung, bei der optimistischen Annahme bleiben die Waldverluste aber tendenziell auf die mittelbare Umgebung von Autobahnen, Straßen und anderen Bauten beschränkt. Das obere Bild (siehe links) ist das "optimistische", das untere das "pessimistische" Regenwald-Modell für das Jahr 2020. Die schwarze Farbe steht für stark abgeholzten Regenwald, rot für durchschnittlichen, gelb für leichten Abbau und grün für unberührten Regenwald.

Alternativen zur Abholzung?

Falls "Avanca Brasil" nicht realisiert werden sollte, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass jährlich bis zu einer halben Million Hektar Regenwald verschont bleiben könnten.

Noch ist es für die "Rettung" des Regenwaldes aber nicht zu spät, meinen die Wissenschaftler. Ein auch ökonomisch sinnvoller Ansatz wären etwa die im Klima-Protokoll von Kyoto formulierten "Kohlenstoff-Guthaben". Durch Schonung der eigenen kohlenstoff-speichernden Wäldern könnte Brasilien jährlich bis zu zwei Milliarden Dollar (29 Mrd. ATS/2.1 Mrd. Euro) einnehmen.

Außerdem müsste der Wert des Ökosystems zum Schutz der Böden, des regionalen Klimas, gegen Flutkatastrophen und als Tourismus-Einnahmequelle höher eingestuft werden. Es sei "allerdings sehr unwahrscheinlich, dass sich solch ein Modell realisieren lässt", schreiben die Wissenschaftler in "Science".

Smithsonian Tropical Research Institute

Science Magazine

Mehr über tropische Regenwälder

Greenpeace zum Thema Regenwald und Tropenhölzer