Babysterne rülpsen gern

Offensichtlich unterscheidet sich die Entwicklung junger Sterne nur wenig von der menschlicher Babys: Beide essen gerne - und geben von Zeit zu Zeit ein kräftiges Bäuerchen von sich.

Ein rund 2000 Lichtjahre von der Erde entfernter junger Stern hat Astronomen verblüfft. Das stellare Baby, im Sternbild Kepheus nahe des Polarsterns gelegen, stößt kugelförmige Gasmassen aus.

Doch der Stern entledigt sich nicht nur einmal seiner überflüssigen Gase. Er rülpst, wie ein internationales Forscherteam um Paul Ho in der aktuellen Ausgabe des britischen Wissenschaftsmagazins "Nature" berichtet, regelmäßig - ein Verhalten, das sich mit den gegenwärtigen Theorien zur Entstehung der Sterne nur schwer erklären lässt.

Wenn Sterne wachsen und gedeihen, sammeln sie jede Menge Gas und Materie ein. Bislang gingen Astronomen davon aus, dass sich in Höhe des Äquators eine flache Scheibe aus allem möglichen Nahrungsmitteln bildet, die langsam von dem Stern verspeist werden. Damit es die jungen Sonnen aber nicht zerreißt, müssen sie den aufgenommenen Drehimpuls auch wieder los werden. Und in der Tat ist es Astronomen immer wieder gelungen, zwei Jets auf Film zu bannen, die überflüssige Materie im rechten Winkel zur so genannten Akkretionsscheibe ins All schießen.

Der junge Stern im Sternbild Kepheus verhält sich dagegen völlig anders. "Wir waren sehr überrascht, als wir sahen, dass dieser Stern keine Jets sondern kugelförmige Gaswolken ausstößt", sagt Ho.

Möglich wurden die überraschenden Einblicke in die stellare Kinderstube durch die extrem hohe Auflösung des Very Long Baseline Arrays (VLBA), einer Gruppe von zehn Radioteleskopen, die sich von Hawaii bis zu den Virgin Islands in der Karibik ziehen. Zusammengeschaltet ergeben die Instrumente mit ihrem Durchmesser von jeweils 25 Metern die beste Winkelauflösung aller derzeit einsatzfähigen Teleskope.

Bewegter Bogen

Als die Astronomen das VLBA auf eine als Geburtsstätte junger Sterne bekannte Region richteten, entdeckten sie einen deutlich sichtbaren Bogen aus Wassermolekülen. Über mehrere Wochen hinweg war es möglich, die Bewegung der Gasmoleküle genau zu vermessen. Dabei habe sich gezeigt, so Ho, dass sich der Bogen mit einer Geschwindigkeit von rund 30.000 km/h ausbreite.

Mehr noch: Die Wassermoleküle bilden einen fast perfekten Kreisbogen. Die Forscher schließen daraus, dass der Bogen Teil einer großen Kugel ist, deren Radius sich konstant vergrößert. Den Messungen zu Folge müsste die Gaskugel einen Durchmesser haben, der etwa dem 1,5-Fachen unseres Sonnensystems entspricht.

Der beobachtete Bogen ist so dünn und gleichförmig, dass er höchstwahrscheinlich auf eine einzige, kurze Eruption zurückgeführt werden kann, berichten die Forscher. Zudem zeige sich, dass eine ältere Kugel derzeit von einem Auswurf überholt wird, der gerade einmal 33 Jahre zurückliegt. Offensichtlich rülpsen Babysterne häufig - zumindest in astronomischen Zeitdimensionen.

"Wir haben mindestens einen Fall gefunden, in dem ein junger Stern wiederholt kugelförmige Gaswolken ausstößt", freut sich Guillem Anglada. Doch der Forscher vom Instituto de Astrofísica de Andalucía in Granada muss zugleich einräumen: "Wie so etwas passieren kann, verstehen wir nicht."

Abgesehen von der Unvereinbarkeit mit den gängigen Theorien sei besonders überraschend, dass sich in der turbulenten Umgebung junger Sterne eine derart perfekte Symmetrie ausbilden könne. "Offensichtlich", so Anglada, "hat die Ordnung über das Chaos triumphiert".