Älteste Stadt Amerikas entdeckt

Zur selben Zeit, als die großen Pyramiden in Ägypten gebaut wurden, entstand im heutigen Peru die erste Stadt des amerikanischen Kontinents. Das meinen Archäologen nun anhand von Kohlenstoffproben belegen zu können.

"Caral scheint der Sitz der ersten komplexen und vielschichtigen Gesellschaft der Neuen Welt gewesen zu sein", meint Jonathan Haas, Archäologe am Field Museum in Chicago. "Daher geben uns diese Funde auch die Möglichkeit, einen Blick auf die Entwicklung eines solchen Entstehungsprozesses zu werfen", berichtet der Wissenschaftler in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift "Science".

Caral

23 Kilometer vom Pazifischen Ozean entfernt, an den Hängen der Anden gelegen, war die Stadt Caral das architektonische Wunder ihrer Zeit. Zu ihrer Blütezeit umfasste die Stadt acht Wohnviertel, acht durch Mauern umgebene Paläste, zwei kreisförmige Plätze und sechs große Plateau-Hügel. Diese Hügel waren aus quadratischen Steinen erbaut worden. Auf diesen künstlichen Hochebenen standen mehrere durch Gänge verbundene Zeremonienräume. Der größte dieser künstlichen Plateau-Hügel war vier Stockwerke hoch und so groß wie viereinhalb Fußballfelder.

Eine zentral organisierte Gesellschaft

"Die Architektur der Stadt zeigt, dass es sich um eine organisierte Gesellschaft gehandelt haben muss. Denn um solche Dinge zustande zu bringen, müssen Menschen dazu gebracht werden, gemeinsam an zentral geplanten Projekten zu arbeiten, ob durch Bezahlung oder Zwang", meint Jonathan Haas.

"Das bedeutet aber auch, dass zu einer Zeit, in der die meisten Menschen auf dem amerikanischen Kontinent noch Jäger waren und in weitaus kleineren Gruppen zusammen lebten, hier eine kleine Elite-Kaste die Macht und den Wohlstand in Händen hielt."

Das erste künstliche Bewässerungssystem

Die Archäologen erlebten in Caral noch eine weitere Überraschung: Bewässerungskanäle. Damit waren die Erbauer der Stadt auch die ersten Menschen, die auf dem amerikanischen Kontinent ein künstliches Bewässerungssystem anwendeten. Sonst hätten sie auch nicht in der nicht sehr fruchtbaren Gegend überleben können.

Neue These der Besiedelung Perus

Bisher glaubten die Wissenschaftler, dass Peru von der Küste her besiedelt wurde. Zuerst ließen sich die Menschen also an den fischreichen Küsten nieder, um dann später das Landesinnere zu besiedeln. Die Entdeckung Carals und vor allem das Datum seiner Entstehung lässt diese Theorie jetzt ins Wanken geraten. Denn Caral ist älter als irgendeine andere bekannte Stadt in dieser Region.

Daher scheint das Modell einer zentralen Stadt im Landesinneren mit Satelitenstädten an der Küste gar nicht so abwegig, meint Sheila Pozorski von der Universität Texas-Pan American in Edinburg.

Eine fruchtbare Beziehung

"Aller Wahrscheinlichkeit nach haben die Küsten- und Stadtbewohner miteinander Handel getrieben und so nach und nach ein komplexe, vernetzte Gesellschaft geschaffen", sagt Jonathan Haas.

Für diese These spricht, dass im Kot der Stadtbewohner Reste von Fischknochen und Sardellen gefunden wurden. Und Baumwolle war für die Küstenbewohner wichtig, da sie ihre Fangnetze daraus anfertigten.