Diese Seite stammt vom © theater gruppe 80 Wien


Peter Turrini

ROZZNJOGD

Co-Produktion mit der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz

Inszenierung Helmut Wiesner
Ausstattung Carlo Tommasi
Kostüme Maria Michlmayr
Musik Wolfgang Florey
Licht Erich Heyduck, Hans Egger

mit
Mirjam Slamar und Joachim Juan

PREMIERE Sonntag, 15. März 1998
bis 18. April/Di bis Sa jeweils 20 Uhr

ZUM STÜCK

Er bringt Sie auf einen Müllplatz um dort ungestört schmusen zu können. Doch bevor sich die beiden wirklich näher kommen, möchten sie sich erst richtig kennenlernen, um vor Enttäuschungen bewahrt zu werden. Das bedeutet für ihn: einen Menschen wie ein Auto in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen und ihm ohne alle überflüssigen Kulturgüter näherzukommen.

Er: wos was i ... i was ibahaubd nix ... i was nix und i ken nix ... de weiba san ma olle a redsl ... meine ödan, meine briada, de ken i do aned. i red med eana, oba mia hobn sich nix zum sogn ... und de leid in da fiama, de san jo eh olle nua wegn de schülling duad, wia soi ma si do kennanleanan? ... des anziche, wos i wirklich ken, is mei wogn, vasted? weil i in söba baud hob ... ois ausanond, ois widazom ... jeds stig woa in meine hend ... und weil i dessöbe ned med de leid mochn kon, wirri ni an menschn kennanleanan.

Es beginnt ein Striptease des Körpers und der Seele. Beide legen ihre Kleidung, ihren Schmuck, das Geld und falsche Haarteile ab und erzählen aus ihrem Leben. Am Ende stehen sich zwei völlig "nackte" Menschen gegenüber. Die Beziehung dieser beiden Menschen soll ohne den Mist der Zivilisation beginnen. Doch ohne die Masken der Gesellschaft wird die Nacktheit zur Überlebensfrage.

Peter Turrini zeigt in der ROZZNJOGD eine Wirklichkeit, die von einer kapitalistischen Wirtschafts- und Wertordnung geprägt ist; seine Figuren sind Opfer der Fremdbestimmung. Sie leben einen Lebensstil den ihnen Eltern, Lehrer, Chefs und Werbeplakate beigebracht haben. Der Müllplatz soll die Empfindungen und Gefühle der beiden jungen Menschen darstellen: die ständige Überfüllung des Menschen mit Gütern und Werten, die ihm die Gesellschaft aufoktroyiert.
"Adam und Eva" erkennen ihre Abhängigkeit von der Konsumwelt, in der sie leben. Doch im Augenblick, in dem das junge Paar die Lüge des bürgerlichen Lebens entlarvt, muß es mit dem Ausschluß aus dieser Gesellschaft bestraft werden. Der Versuch aus dem bürgerlichen Leben, aus der Fremdbestimmung auszubrechen und ein autonomes Leben zu führen, scheitert. Dennoch zeichnen sich diese beiden Menschen durch den besonderen Mut aus, es wenigstens versucht zu haben. Was zunächst als Spiel beginnt, wird binnen kürzester Zeit zur Realität. Beide sind mutig genug sich darauf einzulassen und hinter ihren Masken hervorzukommen und sich als Menschen, zugleich verletzlich und unheimlich stark, zu präsentieren.

Peter Turrini läßt das Pärchen am Ende von zwei Männern erschießen, die sie für Ratten halten. Der Autor stellte es den jeweiligen Produktionsteams frei, das Stück anders enden zu lassen. Die beiden jungen Menschen könnten sich selber erschießen oder während des Geschlechtsaktes von einer Lawine aus Müll erstickt werden. Turrinis Resümee:

"Ich glaube, daß es sinnlos ist, den Kampf um ein gerechteres und freieres Leben allein zu führen. Ich glaube, daß diejenigen, die in einer gleichen oder ähnlichen Situation sind, sich nur gemeinsam wehren können. Ich glaube an die Solidarität".
Peter Turrini, 1977


ROZZNJOGD entstand 1967 in einem sogenannten "verzweifelten Selbstreinigungsprozeß" auf einer griechischen Insel. 1969 empfahl H.C. Artmann das Stück an einen Verlag und es konnte 1971 am Wiener Volkstheater uraufgeführt werden.

Biographie von Peter Turrini
1944 Peter Turrini wird am 26. September in St. Margarethen im Lavanttal geboren
1958 Nach Hauptschulbesuch, besucht Turrini fünf Jahre eine Handelsakademie. Erste literarische Versuche
1963 Matura. Verläßt sein Elternhaus. Arbeit am Hochofen in Linz
1965 Vertreter bei Olivetti. Ausbildung als Werbetexter in Frankfurt am Main. Arbeit als Werbetexter in einer US-Werbeagentur in Wien
1967 Ausstieg aus dem Beruf. Fluchtort: eine griechische Insel. Schreibt in kurzer Zeit Rozznjogd
1971/72 Uraufführung Rozznjogd am Wiener Volkstheater. Verschiedene Auftragsarbeiten für deutsche Theater. Lesungen. Roman Erlebnisse in der Mundhöhle
1973/74 Beginn seiner Arbeit als Fernsehautor
1976 Die Alpensaga wird in Österreich ausgestrahlt
1978/80 Erstes Turrini-Lesebuch
1981 Turrini erhält den Gerhart-Hauptmann-Preis in Berlin
1982 Uraufführung Die Bürger
1985/86 Beginn der Arbeit an der Fernsehserie Arbeitersaga
1988 Uraufführung Die Minderleister
1990 Uraufführung Tod und Teufel
1992 Schreibt Alpenglühen und Grillparzer im Pornoladen
1995 Uraufführung Die Schlacht um Wien
1997 Endlich Schluß

Diese Seite stammt vom © theater gruppe 80 Wien